Duft und Psyche

Duft und Psyche

Ätherische Öle sind in erster Linie einmal sogenannte Riechstoffe. Sie als Duftstoffe zu bezeichnen wäre schon vermessen, da auch ihr Duft eine individuelle Wahrnehmung ist. So riecht zum Beispiel Frau Müller Rosengeranie gerne und Frau Meier rümpft angewiedert die Nase! Würde man beide nun Fragen wie ihnen der Geruch der Rosengeranie gefällt, würde Frau Müller vermutlich antworten: „Oh schön, den mag ich!“, jedoch Frau Meier würde sich eher so äußern: „Igitt, das riecht ja wie vermodertes Rosenöl!“ So oder so ähnlich erlebe ich es tagtäglich in meiner Arbeit mit meinen Aromapflege-Schülern. Jeder hat seine ganz eigene Wahrnehmung, sein eigenes Sinnes- und Geruchserlebnis und oft seine ganz eigenen Erinnerungen zu dem Duft.

Gerade die psychische Wirkung der ätherischen Öle auf uns Menschen ist sehr unterschiedlich. Klar gibt es in der Literatur zu jedem einzelnen Öl eine Reihe an Empfehlungen für die psychischen Befindlichkeiten. Angefangen über die Angst bis hin zu Schlafstörungen und Depressionen.

Solche Empfehlungen sind wichtig und treffen auch in vielen Fällen zu, aber…….

Dieses große ABER möchte ich gerne etwas näher erläutern, denn immer wieder werde ich gefragt, welche Öle kann ich bei Schlafstörungen, bei Angst, bei Unruhe oder sogar im psychiatrischen Bereich einsetzen. Darauf gibt es leider keine pauschale Antwort! Entscheidend ist hier immer die Nase der Person, für welche ich das Öl einsetzen möchte – und die Nase sagt uns mehr als wir manchmal glauben und auch realisieren können.

So kann es sein, dass ein unruhiger, schlafloser Patient wunderbar einschlafen kann, wenn man ihm den Duft des Lavendels auf einer Kompresse ans Bett legt – aber genauso habe ich es erlebt, dass Patienten mit dem Duft des Lavendels eher noch wacher und unruhiger werden. Dies kann auf persönliche Erfahrungen, Erinnerungen und Abneigung zurückzuführen sein oder aber wenn man den Lavendel einmal aus der duftkommunikativen Sicht betrachtet – kann es sein, dass der Patient nicht einschläft, weil er noch „unerledigte“ Dinge mit sich herumschleppt.
Egal warum, dieser Patient benötigt einen anderen  Duft!

Ein anderes Fallbeispiel ist die Rosengeranie – ein ätherisches Öl was sich großer Beliebtheit in der Pflege erfreut. Meist wird es in hautpflegenden Körperölen z.B. zur Intertrigoprophylaxe eingesetzt.
In der Literatur wird es außerdem bei folgenden Indikationen empfohlen: Stress, hormonelles Ungleichgewicht und Angst.
Immer wieder stelle ich in den duftkommunikativen Gesprächen fest, dass Rosengeranie aber gerade von den Pflegenden mehr als abgelehnt wird. Wenn wir das ganze nun wieder aus dieser Sicht betrachten, wissen wir, dass die Rosengeranie auch für das „KÜMMERN und SORGEN“ um Andere steht! Viele dieser Pflegenden stehen so unter diesem „PFLEGEDRUCK“, so dass sich ihre Nase regelrecht mit der Abneigung zur Geranie wehrt!

Duft und Psyche
Rosengeranie

In einem anderen Fall, wurde durch das Riechen von Rosenholz eine schreckliche Erinnerung bei einer schwerst dementen Patientin hervorgerufen – die Pflegekraft hat einen Tropfen Rosenholz auf einen Tupfer neben das Kissen gelegt, während sie die immer wieder „Hallo-hallo“-rufende Patientin gepflegt hat. Dadurch wollte sie etwas Ruhe und eine harmonische Stimmung hervorrufen. Leider ist das Gegenteil passiert – die Patientin fing an zu weinen mit den Worten: „Mama, ich wollte das doch nicht – die haben mir weh getan – bitte Mama verzeih mir!“ Aus der Biografie dieser alten Dame ging hervor, dass sie nach dem zweiten Weltkrieg vergewaltigt wurde – worüber sie aber sonst noch nie gesprochen hatte. Aus der Duftkommunikation kennt man diese Art von „Wirkung“ des Rosenholzöles – und hätte es in diesem Fall nicht eingesetzt.

Meine Referentin für den Workshop „Psyche“ , Lisa Warth, Fachpflegerin für Psychiatrie kennt viele solcher Beispiele aus ihrer Arbeit mit den ihr anvertrauten Patienten. Dort wurde die Aromapflege erst angewendet, nachdem Lisa auch die Duftkommunikation bei Christine Lamontain gelernt hatte. Sie bekam die Erlaubnis der ärztlichen Leitung und der Psychologen mit den Patienten nach diesem Modell zu arbeiten. Dies stellte sich als hervorragendes Instrument herraus, um den für die Patienten passenden Duft zu finden.

Auch muss man unterscheiden, ob die ätherischen Öle im „Hausgebrauch“ eingesetzt werden oder bei Menschen mit psychischen Erkrankungen. Hier ist auf eine besondere Dosierung zu achten. Denn was für den gesunden Menschen eine normale Dosierung (bis 3%ig) ist, kann für einen psychischen Erkrankten die „Holzhammer“-Methode bedeuten. Hier werden die Öle meist unter 1%, manchmal sogar noch weitaus niedriger dosiert. Auch der eine Tropfen auf der Duftkompresse wird meist als unangenehm, hoch dosiert empfunden. Hier empfehle ich die Öle schon im Vorfeld auf 10%ig in Jojobawachs herunterzumischen und davon dann einen Tropfen auf die Kompresse zu geben.

Meine Bitte an alle aromapflegerisch/-therapeutisch arbeitende Menschen:

Lasst die Nase eurer Patienten immer mit entscheiden – seid sensibel und aufmerksam im Umgang mit den ätherischen Ölen – und seid nicht enttäuscht, wenn der von euch ausgewählte und als passend empfundene Duft, von der Nase des Patienten abgelehnt wird! Im Gegenteil, es ist toll, dass ihr es bemerkt habt und den Wunsch des Patienten respektiert!

In diesem Sinne wünsche ich Euch tolle Dufterlebnisse!!!

Duft und Psyche
Duftkommunikationsseminar

Wer mehr über die duftkommunikative Arbeit lernen und hören möchte kann dies in diesem Jahr noch einmal am 03.-04. November 2015 und im nächsten Jahr am 01.-02. Februar und 23.-24. September 2016.

Duft und Psyche

1 Kommentar zu „Duft und Psyche“

  1. prima zusammengefasst! ach wäre es doch für möglichst viele pflegende, so individuell auf ihre patientInnen und bewohnerInnen einzugehen! ganz so wie es in der britischen aromatherapie üblich ist. die inzwischen immer mehr praktizierte standardisierung von ölemischungen ist zwar prima bei dem fast überall herrschenden zeitdruck (wobei wohl zuviel zeit in die bürokratie gesteckt werden muss, diese fehlt dann beim echten menschen), doch tickt jede nase anders, jede biografie ist anders. also wäre solche individuellen duftentscheidungen mehr als wünschenswert. ich war oft amüsiert bei reaktionen meiner schülerinnen auf ingweröl. einige schrien fast auf, igitt, wie furchtbar, was für ein gestank! andere waren angetan vom feinen duft, lecker, sanft zitronig, mehr davon. solche übungen (ohne ätherische öle zu bewerten in "riecht schlecht" oder "duftet fein") sollten in jeder ausbildung öfters stattfinden, nur mit: ich empfinde den geruch/duft so oder so, bei mir löst er dieses oder jenes bild/gefühl aus, mich erinnert er an xy etc.

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